Kindesunterhalt bei gleichwertiger Betreuung und unterschiedlichem Einkommen der Eltern
Kinder haben Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern. Im Fall von unterschiedlichen Wohnsitzen der Eltern leistet derjenige, in dessen Haushalt sich das Kind befindet, seinen Unterhalt „in Natura“, wohingegen der andere Elternteil geldunterhaltspflichtig ist. Bei Versorgung des Kindes im Rahmen des üblichen Kontaktrechts (alle zwei Wochen 14 Tage, sowie vier Wochen in den Ferien = ca. 80 Tage pro Jahr) hat dies keine Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht. Falls der geldunterhaltspflichtige Teil jedoch darüber hinaus Betreuungsleistungen erbringt, hat die Rechtsprechung bisher pro weiterem Unterhaltstag eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht von 10 % ausgesprochen.
Nachdem es immer öfter vorkommt, dass sich die Eltern die Betreuungsleistungen des Kindes teilen, wurden in der Vergangenheit von der Rechtsprechung Richtlinien festgelegt, wie in diesen Fällen der Unterhalt festzusetzen ist. Bei gleichwertigen Betreuungs- und Naturalleistungen besteht jedenfalls dann kein Geldunterhaltsanspruch gegen einen der Elternteile, wenn das Einkommen der Eltern gleich hoch ist. In einer aktuellen Entscheidung des OGH vom September 2015 wurde nunmehr erstmals konkret festgelegt, wie der restliche Unterhaltsanspruch eines Kindes festzulegen ist, wenn bei gleichen Betreuungsleistungen stark unterschiedliche Einkommensverhältnisse vorliegen (im gegenständlichen Fall EUR 6.300,– zu EUR 1.600,–). Begründet wurde der grundsätzliche Anspruch damit, dass das Kind lediglich in der Zeit, in der es sich in Betreuung des besser verdienenden Elternteils befindet, an dessen gehobenem Lebensstandard teilhaben kann. Hingegen ist es dem Kind in der Zeit, in der es sich beim schlechter verdienenden Elternteil befindet, nicht möglich, am höheren Lebensstandard des anderen Elternteils teil zu haben. In der aktuellen Entscheidung hat das Gericht konkrete Ausführungen gemacht, wie in diesem Fall der restliche Geldunterhaltsanspruch zu berechnen ist, wobei aufgrund der Komplexität der Materie dies hier lediglich in groben Zügen angeführt werden kann.
Ermittlung des fiktiven Geldunterhaltsanspruches gegen beide Elternteile
Ermittlung der Differenz zwischen dem jeweiligen halben Unterhaltsbetrag.
Dieser so ermittelte Betrag ergibt den Unterhaltsbeitrag, den der besser verdienende Elternteil zum Ausgleich dafür zu leisten hat, dass das Kind in der Zeit der Betreuung beim weniger verdienenden Elternteil nicht an seinem hohen Lebensstandard teilhaben kann.
Falls Sie von ähnlichen Umständen betroffen sind, kann die genaue Berechnung des zu ermittelnden Differenzbetrages durch Ihren Spezialisten im Familienrecht jederzeit erfolgen.