EU-Erbrechtsverordnung: Handlungsbedarf bei bestehenden Testamenten

Ab August 2015 tritt die EU – Erbrechtsverordnung in Kraft. Diese besagt, dass es für die Anwendung, nach welchem Recht die Verlassenschaft abgewickelt wird, grundsätzlich darauf ankommt, wo der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, es sei denn, er hat in seiner letztwilligen Verfügung selbst eine Rechtswahl getroffen und dort ausdrücklich verfügt, dass für das anzuwendende Recht weiterhin seine Staatsbürgerschaft ausschlaggebend sein soll.

Diese neue Gesetzesbestimmung wird auch für die bestehende Testamente gelten, wobei es sich dringend empfiehlt, schon bestehende Testamente nunmehr mit dem Rechtsvertreter Ihres Vertrauens zu überprüfen, ob die dort enthaltenen Bestimmungen ausreichend sind, um nicht beabsichtigte Folgen zu vermeiden.

Beispiel:

 Der Erblasser hat einen Zweitwohnsitz in Spanien, an dem er sich regelmäßig aufhält. Er hat in seinem Testament eine Anordnung getroffen, die den – nach österreichischem Recht – verbindlichen Pflichtteil seiner Kinder betrifft. Wenn der Erblasser während seines Aufenthaltes am Zweitwohnsitz in Spanien verstirbt, bedeutet dies sohin, dass nunmehr auch für die Pflichtteilsregelung spanisches Recht zur Anwendung kommt. Dies beinhaltet jedoch gewisse Risiken, da speziell in Spanien sehr unterschiedliche Regeln für das Erbrecht gelten, die von Region zu Region erheblich abweichen. In manchen Regionen gibt es überhaupt kein Pflichtteilsrecht, in manchen Regionen ist dieses wesentlich schärfer als das österreichische Pflichtteilsrecht.

Um nunmehr unbeabsichtigte Folgen zu vermeiden, wird es notwendig sein,  bestehende Testamente zu überprüfen und allenfalls zu erneuern und in diese eine Klausel aufzunehmen, wonach für das Verlassenschaftsverfahren ausschließlich österreichisches Recht  ausschlaggebend sein soll. In diesem Fall ist gewährleistet, dass das Verlassenschaftsverfahren unter Anwendung von österreichischem Recht abgeführt wird.

Die neue Verordnung wird bedauerlicherweise auch in Zukunft für Unklarheiten sorgen – obwohl genau das Gegenteil beabsichtigt war – zumal in jenen Fällen, in denen keine Rechtswahl getroffen wurde, auf den gewöhnlichen Aufenthalt abgezielt wird. Was nunmehr der gewöhnliche Aufenthalt ist, bietet genug Anhaltspunkte für Streitigkeiten und wird  auch in Zukunft die Gerichte beschäftigen.

Ungeachtet dieser, seitens der EU verordneten Neuigkeit empfiehlt es sich schon deshalb auch jetzt im Hinblick auf eine Nachlassregelung bzw. vorweggenommene Nachlassregelung mit dem Anwalt Ihres Vertrauens Kontakt aufzunehmen, zumal auch die österreichische Gesetzgebung mit der Erfindung neuer Steuern äußerst ideenreich ist. Der Umstand, dass die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer Anfang 2015 kein Thema ist, bedeutet nicht, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt nicht schon ganz anders ist. Falls Erblasser sohin Liegenschaftsvermögen haben und dieses kostengünstig an ihre zukünftigen Erben übertragen wollen, empfiehlt es sich, schon jetzt, Schenkungsverträge abzuschließen, wobei dem Sicherheitsbedürfnis des Erblassers durch Einräumung von Veräußerungsverbote bzw. Wohnrecht jedenfalls Rechnung getragen werden kann.